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Vorwort

Dieser Blog ist sehr persönlich und mit meinem Projekten nur teilweise assoziierbar.
Ich schreibe ihn seit 2007. Die meisten Beiträge sind nicht sichtbar.
… viel Spaß beim Stöbern!

Hype

Zum “Cyberpunk” wurde ich 2004, kurz nachdem ich aus der Kirche ausgetreten war, per Bierdusche im Stadtpark getauft. Eine Identität, die mich mit Stolz erfüllte. Hack the Planet!
Programmieren zu können war cool. Virtuelle Welten waren cool. Welt am Draht – Tron – Matrix.
Die Entkopplung vieler Möglichkeiten vom Mechanischen hat super viele neue Entwicklungen mit sich gebracht, in den jüngeren Generationen gar ein ganz neues Verständnis dafür, wie die Welt funktioniert. Physisches war nun nicht mehr physisch. Viele Erfindungen wurden gemacht. Die führenden Unternehmen haben sich herauskristallisiert. Communities haben sich gebildet, freie Projekte gibt es wie Sand am Meer. Es gibt Tools ohne Ende.
Aber es ist jetzt nicht mehr neu.
Es wurde gegen Ängste gekämpft und gesiegt. Der Kampf ist vorbei, er ist erfolgreich verlaufen.
Es ist Ernüchterung eingekehrt.
Es ist aber auch schade, um ein Gefühl, welches verschwunden ist.
Virtualität. Kybernetik. Code. Silicon Valley. Techno. Software. Kraftwerk.
Vielleicht wird es Grimes sein, deren Kunst die Reflektion ist, die dieses Gefühl im Rückblick am Besten erkennbar macht.

– KI: Die Technologie gibt es seit den 90ern, der Hype begann 2016 mit Googles Deepdream, seit dem wurde die Funktion von Machine Learning mit virtuellen neuronalen Netzen und riesen Datensätzen allgemein verstanden. Es werden weitere bisher unglaublich tolle Möglichkeiten, welche durch Mustererkennung und -generierung dieser art erst entstehen können, entdeckt werden, das bleibt also spannend, aber die Diskussion hat sich entspannt. Die Konkretheit und der praktische Nutzen wurden erkannt. Die irrationale Angst vor der bewussten Maschine konnte im Zaum gehalten werden. Fast jeder hat sich auch bewusst mal von KI helfen lassen. Über reisserische Begrifflichkeiten wurde viel gestritten, und die Torheit, dass Mensch elektronisch etwas Lebewesen-Ebenbürtiges schaffen könnte wurde als eitel verstanden. Es ist klar: Auch dies sind nur Werkzeuge.
– Über Kryptowährungen kann ich nicht so detailreich schreiben, da ich die einzelnen Faktoren nicht genau kenne. Ich bin mir nicht sicher, wo es tatsächlich gebraucht wird. Ich glaube dieser Hype scheiterte an Kriminalität und an der Inhaltslosigkeit vom Versuch der Gewinnmaximierung. Mal sehen ob Blockchain noch einen wirklich guten Einsatz bekommt. Wenn es nötig ist, weil Vertrauen fehlt: Hoffentlich nicht.
– Social Media hat schon längst die ganze Welt eingenommen, es scheinen sich wirklich fast alle mit den Möglichkeiten der digitalen Kommunikation auseinandergesetzt zu haben.
– Quanten-/ Analogcomputer werden erforscht – Computer sind dann noch schneller, das ist im Wesentlichen aber nichts Neues.
– Videospiele wiederholen sich.
– Virtual Reality Brillen haben sich als zu vereinnehmend herausgestellt, mit der anstehenden Enttäuschung von Apples Vision Pro ist auch das Melken dieser Kuh fertig.
– Jeder hat die ganze Welt in seiner Tasche, der Mythos des Fremden lässt sich schnell entzaubern, man kann sich schnell kennenlernen, Fremdenfeindlichkeit funktioniert viel schlechter, das Exotische gibt es nicht mehr.
– Black Mirror wird weiterhin produziert, hat aber seinen Zenit überschritten. Es geht schönerweise wieder mehr um Zukunft, es gibt wieder mehr Science-Fiction etc., aber Content, in denen das Digitale, virtuelle Humanoide (AI & Robotik) und Co. im Fokus stehen, sind nicht mehr im Trend.
– Unicole Unicrons und ähnliche Cyber-Kirchen, die versucht haben die Thematik ins Metaphysische zu transzendieren, sind nie wirklich auf Anklang gestoßen.
– Evangelisten des Transhumanismus wurden vergessen.
– Informationsfreiheit und Julian Assange wurden vergessen.

Welcher Hype kommt wohl als nächstes?
Natürlich nochmal Nachhaltigkeits- und Klimatechnologie. Wasserstoffautos. Solarenergie. Energietransformierung und -speicherung.
Naturschutz. Handwerk. Spiritualität. Psychotherapie.
Weltraumreisen bleiben sicher Thema, auch obwohl Mars dumm ist. Eher aber doch die Frage, wie man sich lokal wieder besser (menschlicher) miteinander verbinden kann.
Vielleicht Logistik. Magnetbahnen in Tunnelsystemen? Ja! Fliegende Autos? Nein.
Internationale Völkerverständigung transzendiert vom Internet in die Realität. Sehr geil.
Vielleicht ein neues System zur Schaffung von Übersicht – womöglich gar mehr Transparenz.
Vielleicht ein neues politisches System. Vielleicht eine neue Religion.
Hoffentlich kein großer Krieg, aber ich halte das für unwahrscheinlich. Lieber nochmal eine Zeit des Aufschwungs, wie in den 80ern – wär’ vielleicht mal wieder angebracht. Die Maschinen erledigen das Notwendige für uns, wir feiern und nehmen den Wahnsinn hopps mit Humor, Transzendieren die einsame Selbstdarstellung in wahrhaftige Verbundenheit.
Sicher: Medizin. Implantate. Gentechnik. Fetalchirurgie zur frühzeitigen Gentherapie. Vielleicht werden bald die ersten synthetisch hergestellten Menschen schocken.

Italiens Verbot von Cleanmeat

“Stell dir vor, du beißt in einen Burger und das Rind, aus dessen Fleisch der Patty hergestellt wurde, steht noch munter auf der Weide.”

Vitamin B12 ist vielleicht nicht zum Überleben essentiell, aber für ein glückliches Leben schon, das schreibt selbst die PETA – und Vitamin B12 gibt es eben quasi ausschließlich in Tierprodukten.
Wer sich vegan ernährt und psychisch gesund sein möchte supplementiert Vitamin B12, welches dafür synthetisch hergestellt wird (übrigens nie ohne den Einsatz von Gentechnik).

Ist es ein großer Unterschied Vitamin B12 synthetisch herzustellen, oder gleich das ganze Stück Fleisch?
Ja, ist es – weil mit einem synthetisch hergestellten Stück Fleisch Fleischesser ihren Gewohnheiten nachkommen können, kulturelle Speisen mit vollem Geschmack weiterhin zubereitet und genossen werden können, … Fleisch eben gegessen werden kann – OHNE dass ein Tier sterben muss.

Im November letzten Jahres hat Italiens regierende rechts-aussen Partei der Agrarlobby recht gegeben und In-vitro-Fleisch (aka Cleanmeat, Fleisch aus dem Labor) verboten.
Ich bin bestürzt darüber, dass ich von der Gruppierung “Grüne Erde”, das sind ein Haufen liebevoller Naturverbundener, lesen muss, dass sie diese Entscheidung gut finden.
Das ist doch paradox! GERADE in dieser Gruppe bewegen sich SEHR viele Fleischverzichter. Und WIEVIELE Tiere müssen jetzt wegen dieser Entscheidung sterben?
WIEVIEL mehr Treibhausgase werden deshalb emittiert?
Es sind VERDAMMT viele.

Bauern und Landwirte können ihrem Business as usual also ohne die Konkurenz neuer Technologien nachgehen. Das klingt auch von links erstmal gut, wenn die Bauern sich freuen.
Aber vielleicht ist Viehzucht jetzt einfach langsam mal nicht mehr im Trend.
Wenn das Decken des Fleischbedarfs nicht mehr Aufgabe der Landwirte ist, sondern durch Labore passiert… dann ist es wie immer so, dass diese Neuheit das Alte nicht ersetzen muss. Man kann IMMERNOCH Vieh auf seinem Hof halten. Man MUSS es nur nicht mehr, weil der Bedarf eben gedeckt ist.
Lasst die Tiere leben, und esst statt dessen lieber selbst-gezüchtetes, schlachtfreies Fleisch.
Das ist natürlich erst möglich, sobald man es sich leisten kann – bisher ist’s eh noch viel zu teuer – und auch erst, wenn das Serum welches zur Züchtung nötig ist ebenfalls ohne Tierleid produziert werden kann:
DIESE ENTWICKLUNG WIRD DURCH VERBOTE ABER NICHT LEICHTER GEMACHT.

“Die Menschen gehen lieber zugrunde, als dass sie ihre Gewohnheiten ändern.“ Leo Tolstoi

Von der einmaligen Sache

Verhält sich jemand im Straßenverkehr schlecht denkt man: “Was für ein Vollarsch! Richtig mieser Charakter!”
Verhält man sich aber selbst im Straßenverkehr mal schlecht denkt man: “Ich hab’s gerade eilig, es ist eine Ausnahmesituation!” und hat vielleicht sogar ein schlechtes Gewissen.
In der Psychologie gibt’s für diesen Bias auch irgendeinen Begriff, den ich gerade nicht auf den Schirm bekomme.
Ich empfehle davon auszugehen, dass schlechtes Verhalten anderer ebenfalls einmalige Sachen sind, die ihre außergewöhnlichen Gründe haben, und keine Charakterzüge.

Beweisen, vertrauenswürdig zu sein

Viele Künstler sind dadurch motiviert, ihren Selbstwert durch Bestätigung von aussen steigern zu wollen.
Die Bewunderung, der Applaus … das gibt ihnen Kraft.
Bei mir ist das anders.
Ich möchte beweisen, vertrauenswürdig zu sein. Vielleicht ist es das, was man Impostor-Syndrom nennt.
Als Kind zweier “Neigschmeckder” (das ist der schwäbische Begriff für “Zugezogene”), die auch noch beide unkonventionelle Leben führ(t)en mit ungewöhnlichen Ansichten und Gewohnheiten, die auch noch beide in kreativen Berufen tätig sind/waren, bin ich selbst etwas “eigen” geworden, und vor allem zwischen meinem 10. und 15. Lebensjahr fiel es mir sehr schwer, mich sozial akzeptiert zu fühlen – im Gegenteil, es war mir eher üblich gemobbt zu werden, und so fand ich meinen Halt bei den Punks und in Fantasiewelten. Das schwäbisch-Konservative, das empört-Skeptische, das moralisch-Misstrauende, alles Diskriminierende – ich hasse es deshalb wie die Pest.
Meine Lösung dazu: Absolute Ehrlichkeit & Transparenz, und das zur Schau stellen meiner selbst.
Das hat immer gut funktioniert und sich nie geändert, nur dieses blöde Erbe hält mich davon ab. Aber damit bin ich bald fertig.

Fantasie

Ich hatte mich zu entscheiden ob ich lieber ein Buch lesen, es als Hörbuch vorgelesen bekommen, oder es als Verfilmung ansehen möchte.
Ich habe mich für alle drei Varianten entschieden, der Vollständigkeit halber und um die Wirkungen miteinander vergleichen zu können.
Die Worte in meinem Kopf in Bilder zu übersetzen (also Buch oder Hörbuch zu konsumieren) hat meine Vorstellungskraft beansprucht und damit vergrößert.
Da ich das letzte halbe Jahr überwiegend mit negativen Bildern im Kopf gelebt habe, und es sich um einen schönen Fantasieroman handelte, war dies ein äusserst angenehmer Kontrast, der mich daran erinnerte, wie wichtig es ist, gute innere Bilder zu haben, und was das aber auch erfordert: Bewusste Auswahl von positivem Input, bewusst positive Gedanken machen, bewusst die Vorstellungskraft trainieren.
Das Buch als Medium gab mir die beste Möglichkeit mich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. Er wurde nicht weiter verfälscht durch Stimme oder Tonalisierung im Hörbuch oder durch alle möglichen cinematographische Entscheidungen im Film, und ich konnte in meiner eigenen Geschwindigkeit lesen. Dadurch wurden Details klarer. Es hat meine volle Aufmerksamkeit erfordert, wodurch ich die meisten Vorstellungen bekam, und am vielseitigsten interpretiert habe.
Das Hörbuch war aber vom Buch nicht weit weg was die Inanspruchnahme meiner Vorstellung angeht; zumindest verglichen mit dem Film.
Beim Film war meine Vorstellungskraft nämlich fast komplett ausgeschaltet. Ich konnte ein bisschen über cinematographische Entscheidungen nachdenken, aber das war’s auch. Ansonsten war es eher mentale Mästung.
Dennoch, oder gerade deshalb, bin ich am ehesten dazu geneigt, die nächste Episode (es handelt sich um eine Buchreihe) als Film zu konsumieren!

Kurz die Begriffe “Vorstellung” und “Fantasie” zu unterscheiden:
Vorstellung soll heissen: Etwas, was man in Form von Worten o.Ä. von aussen zugetragen / kommuniziert bekommt in innere Bilder zu übersetzen.
Fantasie soll heisen: Eigene innere Bilder zu erschaffen.

Nicht ich habe das Buch geschrieben, sondern die Autorin. Das hat sie erledigt, und sie ist wohl diejenige die von allen wahrscheinlich den größten Spaß an dem Buch hatte, indem sie es schrieb.
Sie setzte ihre Fantasie ein um Geschichten und Bilder in ihrem Kopf aus ihrem Erfahrungsschatz und aus ihrer Kreativität heraus zu erschaffen, und übersetzte diese dann in Worte.
Wenn ich das jetzt “genial” nennen möchte, fällt mir folgender Satz von Cicero ein:
“Die Zeiten sind schlecht. Kinder gehorchen ihren Eltern nicht mehr und alle schreiben ein Buch.”
– Dieser Satz ist über 2000 Jahre alt.
Heute sind die Zeiten schlecht, weil alle sich auf OnlyFans vor der ganzen Menschheit prostituieren. Da hat sich was verändert.
Es fällt nicht mehr nur schwer ein Buch zu schreiben, es fällt gar schwer ein Buch nur zu lesen.
Die Anstrengung zu erledigen selbst zu denken und selbst zu fantasieren wird einem vielleicht allzu oft abgenommen. Sich dem Bilderbombardement auszusetzen (“noch ein bisschen scrollen…”) ist, hart ausgedrückt, vielleicht ein bisschen so, wie sich selbst Sprühlack auf’s dritte Auge zu ballern.
Wenn es schwer fällt selbst schöne Gedanken zu machen, vielleicht durch schwierigere soziale Verhältnisse, Skandalpresse (eine Krise nach der anderen), persönliche Probleme und gespaltene Gesellschaft etc. pp. lässt man sich das Fantasieren lieber abnehmen – man glaubt man käme sowieso nur auf schlechte Gedanken, und dass man vor der Wirklichkeit flüchten müsse. Oder sei es gar nur aus Langeweile. Oder aufgrund perfider, süchtig-machender Methoden von Content-Anbietern.
Hier vermute ich einen Teufelskreis. Lässt man die eigene Fantasie verkümmern und frisst statt dessen Input von aussen, so wird es einem vielleicht eher noch schlechter gehen. Input von aussen bringt einen nur sehr selten näher zur eigenen Wahrheit, wesentlich öfter verängstigt er einen vielleicht nur noch mehr – wenn man sich eben nicht bewusst damit ausseinandersetzt, womit man sich ausseinandersetzt.
Gleichzeitig verkümmert dabei Fantasie und Vorstellungskraft – und man braucht den fertigen Input von aussen deshalb mehr und mehr. Kann das sein? Nur eine Theorie.

Optimistisch bin ich aber trotzdem. Ich habe nämlich den Eindruck, dass es auf allgemeineres Verständnis stößt, dass die Dinge, denen man sich aussetzt, großen Einfluss auf uns haben.
Und mir ist aufgefallen, dass es wichtig ist meine eigene Fantasie zu üben.
Es ist schließlich doch so, dass ich mich dazu entscheiden kann, ob ich mir die Fantasie ganz abnehmen lasse, wenn ich einen Film ansehe, oder ob ich doch noch zumindest meine Vorstellungskraft benutze, indem ich ein Buch lese, oder ob ich doch gar die inneren Bilder selbst erschaffe, indem ich selbst fantasiere.

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