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Enlightenment eats itself

„Mündigkeit“ ist In der politischen Bildung sowohl eine zentrale didaktische und methodische  Kategorie als auch eine Zielvorstellung von ihrer Arbeit. 

Ausgangspunkt ist der berühmte Satz von Immanuel Kant zur Aufklärung aus dem Jahr 1783: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. […] Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“ (Kant 1983, 9, kursiv im Orig.)

Aus dieser Vorgabe gibt es substantielle Folgerungen:

  • Bildung ist Befreiung.
  • Diese Befreiung kommt nicht von außen, sondern von den Individuen selbst.
  • Prämisse und Ziel ist Mündigkeit.
  • Das, was Mündigkeit verhindert, die Unmündigkeit, ist von Menschen verursacht worden.
  • Der Verstand ist Mittel und Weg, um Unmündigkeit zu überwinden.
  • Es bedarf des Mutes, sich ohne fremde Vorgaben auf den eigenen Verstand zu beziehen.

Theodor W. Adorno hat 1969 in einem Rundfunkgespräch eine „Erziehung zur Mündigkeit“ postuliert und sich dabei explizit auf Kant bezogen (Adorno 1979, 135). „Das eigentliche Problem von Mündigkeit“, sieht er darin, „ob und wie man […] entgegen wirken kann“ (ebd., 144).  Es ist somit auch „eine Erziehung zum Widerspruch und zum Widerstand“ (ebd., 145) gegen bestehende Verhältnisse und das Gefühl der eigenen Ohnmacht.

Oskar Negt hat eine weitere Dimension hinzugefügt: „Der aufgeklärte Mensch ist der diese Zusammenhänge begreifende Mensch, und das ist die Grundlage seiner Mündigkeit.“ (Negt 2010. 211, kursiv i. Orig.) Das hat Folgen für die politische Bildungsarbeit: Politische, soziale, kulturelle und globale Zusammenhänge herstellen ist für Negt „oberstes Lernziel“ (ebd., 207).

Kritisch eingewendet werden kann, dass diese Vorstellung von Mündigkeit sehr „kopforientiert“ ist. Allerdings ist „Mut“ zu zeigen und widerstandsfähig zu sein auch eine emotionale Leistung.

Quelle https://profession-politischebildung.de/grundlagen/grundbegriffe/muendigkeit/

Adorno ist pessimistisch und bietet keinen Vorschlag außer “dagegen” zu sein. An dem was er schrieb fand ich nichts als Blockade, weshalb er m.M.n. zu ignorieren ist. Labern & meckern kann jeder. Unwichtig.
Beim freudvollen Machen und optimistischen Reformieren, bei der Begeisterung an der Welt und tatsächlichem Schaffen hilft es nicht. Dies aber nur am Rande.
(Nachtrag vom 25.07.2024: Manche amerikanische Philosophen behaupten, dass die heute moderne “Woke”-Kultur die Kultur der USA von innern zerfrisst, und dass sie auf Adorno zurückzuführen sei. Adorno als Waffe, als subversives, trojanisches Pferd. Wir sollten es besser nicht gegen uns selbst verwenden.)

Eigentlich habe ich gesucht zu verstehen wie “bedingungslose Liebe” funktioniert, um auszumachen ob man von einer partnerschaftlichen Liebe mit Wünschen und Erwartungen in eine bedingungslose Liebe wechseln kann.

Zu finden waren hauptsächlich Erörterungen von Eltern-Kind-Beziehungen. Zusammengefasst:
– Eine Liebe, die nicht verdient werden muss, sondern einfach da ist
– Das bedingsungslose Interesse an der (absolut) freien Entfaltung der geliebten Person
Wenn Eltern also Vorstellungen haben, wie das Kind zu werden hat, dann ist das keine bedingungslose Liebe, und das Kind wird seiner freien Entwicklung beraubt und womöglich Obrigkeitshörig. Dann ist es ihm nicht möglich frei neue Ideen zu entwickeln.
Meine Eltern sagten immer “Es ist dir völlig frei was aus dir mal wird, Hauptsache du bist glücklich.”
Gerald Hüther spricht mit Michael Hüter über die bedinungslose Liebe in diesem Video:
https://www.youtube.com/watch?v=tUjNOx4wvNM
Minute 37:18: “Für mich ist das erstaunlich, dass eine Kultur, die europäische Kultur, die sogenannte Moderne, an deren Anfang ja auch nicht nur Leonardo Da Vinci, Galileo und co. stehen, die, sage ich mal die “Vorherrschaft” übernommen hat, aufgrund genau dieser Persönlichkeiten, aufgrund von Innovation, aufgrund von eben NICHT mechanischem Denken, sondern: den Freiraum schaffen zu erforschen, zu erkennen, .. dass ausgerechnet diese Kultur, wie keine andere mittlerweile, all das systematisch unterbindet. Das ist ja auch ein Kulturbruch. Wieso fragen so viele Menschen mittlerweile nicht: Was ist die Basis alles Gelingenden?”

Ressentiments gegen das “vernünftige” Leben werden lauter.
Mündigkeit nervt.
Jeder hat irgendeine Meinung zu jedem Scheiss, meistens obwohl es ihn noch nicht einmal betrifft, und dann wird gestritten, statt dass man sich eine gute Zeit macht.
Auf X zerreissen sich die Menschen gerade zu. Ohne sehr viel Humor ist das kaum auszuhalten.
Wissenschaft nervt.
“Implantate im Gehirn? Gentechnik? Künstliche Intelligenz? Hilfe!”
Rationales Denken geht am Herz vorbei. Die Welt ist funktional geworden. Alles ist konstruiert und soll maschinenartig perfekt laufen.
Diese Beengung ist das Gegenteil von der Freiheit, die man braucht, um sich entfalten zu können. Alles ist jetzt viel spießiger als es vor 50 Jahren noch der Fall war. Freigeister und Spinner wirken wieder suspekt. Auch “Du musst frei sein” ist ein Paradoxon.
Dabei war diese Freiheit, dieses Lösen von Autoritäten, eben diese Freiheit, die die Liebe bietet, wenn sie Bedingungslos ist, die Wurzel der Aufklärung. Erst durch dies konnten aufklärerische Ideen entwickelt werden.
Auch, dass Menschen wie Musk Vorbildfunktion haben, schafft eine Obrigkeitshörigkeit, gleichzeitig eine Offenheit für den Fleischwolf Turbokapitalismus, und unerreichbare Ziele die einen zum Sisyphos werden lassen.

Lösungsvorschlag: Ängste müssen weg. Es ist okay wenn mal was nicht läuft. Cool bleiben. Mehr Humor. Wieder mehr Gefühl.

PS: Der Begriff der Freiheit, wie ich ihn hier verwende, ist bitte keinesfalls mit dem Begriff “Freedom” zu verwechseln. Meine Idee von Freiheit ist viel mehr dass sie dort aufhört wo die Freiheit des Nächsten anfängt.