Vilém Flusser über die Kuh im Himmel (Bezogen auf Platon)
“[…] Die Welt ist für den klassischen Denker ein Schleier hinter dem sich die Wirklichkeit verbirgt. Die Wirklichkeit besteht aus Ideen, aus Formen, die raum- und zeitlos sind, und die nach einer logischen Ordnung übereinander gestapelt sind, und wir durchblicken. Wenn wir mit einem seltsamen Röntgenauge, nämlich dem theoretischen Auge, durch die Erscheinungen hindurch blicken, erblicken wir diese Formen. Zum Beispiel wenn ich eine Kuh sehe und ich theoretisch auf die Kuh schaue dann sehe ich: Es gibt eine Kuhform, eine “Kuhheit”. Durch diese Kuhform fließt der Inhalt, der amorphe Inhalt “Kuh”, hindurch. Die Kuh wird in diesem Sinn geboren und stirbt weil dieser Stoff (dieser Inhalt) diese Hülle durchfließt. Aber die Form der Kuh ist beständig – sie steht irgendwo im Himmel, im Topos Uranikus, eingeräumt zwischen, sagen wir, üblichen Haustierformen, und untergeordnet der Tierform, die wieder untergeordnet ist, höheren Formen.
Diese seltsame Ontologie hat eine noch seltsamere Antropologie zur Folge […]”
.. 😄 – den ganzen (enorm visionären) Vortrag habe ich als Studium abgetippt, der Text ist zu finden hier. Fehler bitte korrigieren (Forken, Verbessern, via Pull-Request zurück).