Der Kreis
Mit dem Kopf kann man sich ihm nur annähern, da PI immer gerundet wird. Man kann seinen Umfang nie genau erfassen, denn selbst runde Messintrumente werden nach einem gerundeten Wert produziert. »Auch wenn wir es nicht mögen: Die Zahl Pi drängt uns das Unendliche mit Gewalt auf«, schreibt der französische Mathematiker Jean-Paul Delahaye. Der Mensch, mit seinem begrenzten Dasein, kann die Unendlichkeit nicht erfassen, erdenken. Dass aber der perfekte Kreis, so wie jede andere Geometrie, nur in der theoretischen Vorstellung existiert, macht das ganze irgendwie paradox.
Doch abgesehen vom theoretischen Kreis findet man Kreise überall. Der Kreis ist eine Form, der in der Natur hohen Stellenwert hat, bietet er doch die einzig gerechte Fläche, konzentriert sich doch alles im Kreis befindliche laut Gravitationsgesetz in Richtung dessen Ursprungs. Die Sterne fliegen kreisförmig um die Sonne, die Elektronen fliegen kreisförmig um die Protonen, klassisch tanzen auch die Menschen kreisförmig und Seifenblasen sowieso.
Auf dem Kreis ist jeder Punkt gleich weit weg vom Ursprung.
Augen sind kreisförmig, Mandalas sind kreisförmig, Gemeinschaft fühlt sich kreisförmig an, Geborgenheit fühlt sich kreisförmig an, und irgendwer sagte mal dass Ordnung auch kreisförmig sei.
Einen Kreis kann man immer Gerecht aufteilen, egal, für wieviele. I like!
Allgemein
Durch null teilen, again
Henry Flint
Scheiss Fernsehen
“[…]Der Empfänger hat den Eindruck, durch die Kiste mit dem “öffentlichen Raum” in Verbindung zu stehen, also “politisiert” zu werden. In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall. “Politisieren” heißt, veröffentlichen, aus dem Privaten ins Publike treten. Beim Fernsehen tritt das Öffentliche ins Private. Die “Politiker” betreten den privaten Raum des Empfängers in Form von Technobildern und entpolitisieren ihn. Da außerdem das Betreten des öffentlichen Raums normalerweise mit der Absicht geschieht, in einen Dialog mit anderen zu treten, die Fernsehkiste aber jeden Dialog mit den ins Private eindringenden “öffentlichten Figuren” ausschließt, wirkt das Fernsehen radikal entpolitisierend. Unter Vorspiegelung einer “Verbindung mit der Welt” isoliert die Fernsehkiste. Die Bilder und Töne überschütten den Empfänger mit Sensationen. Sie Wirken wie Rauschgift: Je mehr man von ihnen genießt, desto abhängiger wird man von künftigem Genießen. In diesem Sinn bedingen die Bilder, ganz unabhängig von ihrer Bedeutung, den Empfänger zu einem konsumierenden, passiven, leidenden Dasein. Sie sind alle “Werbung”, auch enn die Ansager vorgeben, daß es sich um “Indikative” (falsche Informationen) oder um “Kunst” handelt.
[…]
Man sieht die zahllosen Antennen, welche die Stadt in jenen elektromagnetischen Ozean vorschiebt, in den sie sich getaucht weiß, ohne sich ihn vorstellen zu können. Diese Antennen sind der zu Material geronnene Wille, das Unvortellbare zu konsumieren. Es sind aufgerissene Mäuler zum Fressen des Unvorstellbaren. Und was dann als eltztes Resultat dieses Saugens am Unvorstellbaren aus der Kiste herauskommt, sind unbegreifliche Vorstellungen.
[…]
Wäre man bereit, sich des Wesens (der Kommunikationsstruktur des Fernsehens) bewußt zu werden, hätte man die große Energie, sich beim Empfang des Programms dessen bewußt zu werden, was man darüber weiß (und das ist wenig genug), dann würde das Fernsehen aufhören zu befriedigen und auch zu funktionieren. Verschiedene, heute verborgene Möglichkeiten dieses Codes würden ins Bewusstsein rücken; beispielsweise diejenige, das Fernsehen tatsächlich als Apparat zur Erzeugung eines “kosmischen Dorfes” anstatt eines “kosmischen Zirkus” zu verwenden, also nicht zur Errichtung eines technokratischen Totalitarismus des entpolitisierten Konsums, sondern einer “Demokratie” in einem noch nicht faßbaren Sinn dieses Wortes. Aber wie sollte man zu einer solchen Anstrengung bereit sein, wenn es so bequem ist, die Fernsehkiste, so wie sie ist, einzuschalten?”
Geschrieben vor der Erfindung des Internets, Vilém Flusser – Kommunikologie weiter denken
Du Zhenjun – Babel World
Mehr: http://seb098.blogspot.de/2013/02/du-zhenjun-babel-world.html
Im Original sind die Bilder mind 2m*2m und im ZKM zu sehen.
Luc Courchesne – Portrait One
»Es stimmt, dass ich unerreichbar bin – und dass Sie mich nicht ändern können. Aber schauen Sie sich doch die Leute um Sie herum an: Sind sie so anders als ich? Sind sie erreichbar?« Die das sagt, ist Marie, eine junge Frau, die in der ›Welt hinter den Spiegeln‹ lebt. Wir können ihr gegenübertreten, uns mit ihr unterhalten.
Natürlich ist »Marie«, wie sie uns gegenübertritt, nicht wirklich, nicht einmal ein Spiegelbild ihrer selbst, welches durch elektronisch-analoge Bildtransmissionen entsteht. Sie ist Teil einer virtuellen Umgebung, in der Marie und wir gleichermaßen ikonische Repräsentation einer Zeichensequenz sind – eine Symbolstruktur, die innerhalb eines experimentellen Regelsystems Aktionen, Reaktionen und Interaktionen auslöst.