Interaktive Medien

Allgemein

Ecce Homo Politicus am Beispiel Digital Restriction Management

Kauft man ein Videospiel, so kauft man heutzutage nicht mehr das Spiel, sondern eine Verfügung (Lizenz) über das Spiel, für die man meißtens eine Einverständniserklärung darüber abgibt, dass man sich die eigenen Rechte an dieser Lizenz unter verschiedenen Umständen auf unterschiedliche Weise restriktieren lässt, je nach Erklärung, welche vom Käufer meißt nicht gelesen wird.
Die Essenz ist oft, dass der Käufer das Produkt nicht vervielfältigen darf, was am Computer ja sehr einfach geht.
Tut man das doch wird man zum Beispiel der Lizenz entzogen und des Spieles enteignet: Es werden hierfür Funktionen in die Spiele integriert, mit denen sie Seitens des Verkäufers unspielbar gemacht oder deinstalliert werden können.
Sehr häufig lassen sich Videospiele, auch diese welche an sich technisch gesehen keine Internetverbindung bräuchten, nicht ohne Internetverbindung starten, damit das Digitale Restriktions-Managementsystem Daten abgleichen kann, “nach Hause telefonieren” kann, um Bescheid zu geben, ob der Käufer die Lizenzvereinbarung / Einverständniserklärung zum DRM gebrochen hat.
Ich bemerke dass die meisten, die solche Einverständniserklärungen abgeben, sich an diesen Fakten nicht stören, während in dieser jungen Gaming-Szene heutzutage andererseits Kommunismus sehr verpöhnt ist (Alt-Right kommt aus dem Internet).
Dass hier die selben Mechanismen arbeiten wird nicht gesehen, ich glaube weil eine Company lebensnaher und vertraulicher wirkt als ein Staatsapparat.

Andererseits etabliert sich https://itch.io/ als Plattform zur Herstellung und Distribution von Videospielen um Unabhängigkeit zu schaffen von diesen Methoden der Überindustrie der Games, einer Industrie, die mehr Gewinn macht als die Film- und Musikindustrie zusammen, und da es sehr einfach geworden ist selbst Videospiele zu machen. Hier findet man viel mehr Müll, aber auch viel mehr Interessantes als auf industrielleren Plattformen, und eine klasse Community. ~

Zurück zu mir

“Es ist eine schöne Sache um die Zufriedenheit, um die Schmerzlosigkeit, um diese erträglichen geduckten Tage, wo weder Schmerz noch Lust zu schreien wagt, wo alles nur flüstert und auf Zehen schleicht. Nur steht es mit mir leider so, daß ich gerade diese Zufriedenheit gar nicht gut vertrage, daß sie mir nach kurzer Dauer unausstehlich verhaßt und ekelhaft wird und ich mich verzweiflungsvoll in andre Temperaturen flüchten muß, womöglich auf dem Wege der Lustgefühle, nötigenfalls aber auch auf dem Wege der Schmerzen. Wenn ich eine Weile ohne Lust und ohne Schmerz war und die laue, fade Erträglichkeit sogenannter guter Tage geatmet habe, dann wird mir in meiner kindischen Seele so windig weh und elend, daß ich die verrostete Dankbarkeitsleier dem schläfrigen Zufriedenheitsgott ins zufriedene Gesicht schmeiße und lieber einen rechten teuflischen Schmerz in mir brennen fühle als diese bekömmliche Zimmertemperatur. Es brennt alsdann in mir eine wilde Begierde nach starken Gefühlen, nach Sensationen, eine Wut auf dies abgetönte, flache, normierte und sterilisierte Leben und eine rasende Lust, irgend etwas kaputt zu schlagen, etwa ein Warenhaus oder eine Kathedrale oder mich selbst, verwegene Dummheiten zu begehen, ein paar verehrten Götzen die Perücken abzureißen, ein paar rebellische Schulbuben mit der ersehnten Fahrkarte nach Hamburg auszurüsten, ein kleines Mädchen zu verführen oder einigen Vertretern der bürgerlichen Weltordnung das Gesicht ins Genick zu drehen. Denn dies haßte, verabscheute und verfluchte ich von allem doch am innigsten: diese Zufriedenheit, diese Gesundheit, Behaglichkeit, diesen gepflegten Optimismus des Bürgers, diese fette gedeihliche Zucht des Mittelmäßigen, Normalen, Durchschnittlichen.”

Hesse, Steppenwolf

Wortverbrauch

Waren es Kapitalisten in ihrer schmierhaften Windigkeit oder wahnsinnige Techniker mit ihren Maschinen die mir das Adjektiv “ideal” auf das Wort “optimal” münzten? Gerade festgestellt, dass “ideal” für mich negativ konnotiert ist und “leistungsoptimiert” bedeutet. Bei “dem Ideal” ist das anders.
Was passiert mit dem Wort “nachhaltig”? Wird es bedeuten, von 9 bis 5 Mehrwert zu schaffen? Oder mit 99,999% Uptime?
Wenn “Imperium” “Steuerung” bedeutet (wie Google Translate es mir einfach erklärt), bedeutet “Kybernetik” dann dessen […]?
Cyberpunk2077 ist ein Spiel[…]

Es ist egal, ob es möglich ist.

Es mag wirken, als habe bei medialer / digitaler / apparativer / elektronischer Kunst immer ein Aspekt des Inhaltes mit ihrer technischen Umsetzbarkeit zu tun.
Jacquard bewies mit seinem Webstuhl am 19. April 1805 als Erstes, dass sich theoretische Mathematik durch Komputation real manifestieren kann. Diese Magie zieht sich durch sehr viele Kunstwerke hindurch, welche auf technischer Logik in welcher Form auch immer beruhen. Das ist schon ganz ausgenudelt, und ich halte es fast für eine Respektlosigkeit Herrn Jacquard gegenüber, dies ständig wiederholt zu sehen, obwohl dieser Beweis vielleicht weniger Jacquards Anliegen war als effektives Weben.
Gute Werke medialer Art emanzipieren sich von diesem Thema, indem sie garnicht oder ganz konkret, aber nicht immernoch in Ehrfurcht vor dem “Es ist möglich!”, mit ihm umgehen. Von Letzterem gibt es aber bereits auch schon viel.
Es ist gegeben, dass wir mit Computern fast perfekte Illusionen, gar neue Realitäten schaffen können. Leider ist die Erstellung interaktiver digitaler Räume derzeit noch so aufwendig, dass fast ausschließlich die Industrie dieses Medium prägt.
Kreativ gestaltete logische Topologien, durch die der Rezipient selbst navigieren muss und dabei tatsächliche Erfahrungen macht lässt Kunst dieser Art fast als so etwas wie ein Erinnerungsimplantat wirken, “das geht ganz tief rein”. Wie sie in der Medizin und beim Militär eingesetzt wird unterstreicht dies. Vor Allem Virtual Reality.
Es entsteht hierbei eine interessante Rückläufigkeit: Nachdem die Mathematik aus der Theorie durch den Computer (Webstuhl) in die Realität überführt wurde können wir mit dieser Technologie heute wiederum jede Fantasie erschaffen.
Aber egal!

Homunkulus

Das Thema des Homunkulus, des künstlichen Menschen, existiert schon ewig. Menschen wollen Menschen und Leben nicht nur auf natürlichem Wege, sondern auch künstlich erschaffen. Wir können das jetzt durch Gentechnik.
Ich hoffe, selbst eine Pflanze, die rein synthetisches DNA in sich trägt und deren Gensequenzen von einer AI assembliert wurden, die bis sie zum Spross wurde im Reagenzglas lebte, die also zu 100% keine organischen Vorfahren / Erschaffer hat, ist Teil unserer Familie. Künstliche Charaktere, die von Autoren oder Character Designern entworfen wurden, sind ebenfalls Teil der Familie geworden, Fantasiefreunde zum Beispiel.
[…]
Eine Beschreibung, Zeichnung und/oder Animation eines Charakters sehe ich als Vorstufe zum simulierten Charakter. Ich meine mit simuliertem Charakter einen “NPC” oder Roboter – also eine “Menschsimulationen” die über die vorher angesprochenen Aspekte hinaus interaktiv ist. Hierüber wurde noch äußerst wenig gesprochen im Vergleich dazu, wie viel daran gearbeitet wird. Ich möchte meinen es sei mittlerweile sogar schon eine weitere Stufe der Künstlichkeit hinzugekommen, die erreicht wird, wenn die Interaktion unvorhersehbar wird. Erst diese Unvorhersehbarkeit lässt den simulierten Charakter lebendig erscheinen. Sie lässt sich durch Zufallsfaktoren oder unverständlich große Komplexität (z.B. bekannt von neuester “AI”-Technologie aber auch von Defekten (-> z.B. Glitch)) erzeugen. Mehr zur “Unvorhersehbarkeit” aka dem “verborgenen Kausalkettenglied” aka “Magie” hier. Durch diesen Komplex entsteht heutzutage immer öfter die Annahme so ein Wesen könnte bewusst oder gar lebendig sein.

Folgender Textabschnitt (bis zum Ende des Beitrages) ist veraltet und von meiner eigenen Angst geprägt (nicht mehr aktuell):
Es gibt noch nicht einmal eine fixe Definition von Intelligenz. Der “Lernzprozess” bei AI dauert jedenfalls ewig. Iterative Algorithmen dieser Art, die sich verbessern und ewig lang zum Rechnen brauchen, gibt es schon fast so lange wie es Computer gibt (bei Kalibrierung zum Beispiel) – nur, dass man das jetzt so sehr “Lernen” nennt, ist neu.
Die Möglichkeit Bewusstsein zu berechnen ist nicht gegeben. Wir haben nicht verstanden, wie das Bewusstsein funktioniert, und es ist unmöglich etwas zu simulieren oder zu synthetisieren, von dem man nicht weiß, was es eigentlich genau ist. Dennoch ist Kunst, die bewusst zu sein versucht, vielleicht auch gute Bewusstseinsforschung.
Und auch Leben mathematisch darzustellen ist unmöglich. Der Begriff Leben hängt seitens der Biologie von Faktoren ab, die auch besagen, dass Leben zellulär sein muss.

AI ist eigentlich nur ein langweiliges Werkzeug zur Tabellenkalkulation, wenn man so will. Ich finde es trägt einen irreführenden Namen.

Man kann über eine Maschine niemals richten, nur über den / die Erschaffer/in.
Auch die Verantwortung über die Auswahl der Datensätze für Deep Learning (Bemerkung: ursprünglich ein Begriff aus der Traumforschung)  bleibt immer bei den Menschen.
Für am Gefährlichsten halte ich die gemeinsamen Begriffe aus Biologie und Computerwissenschaft. Hier trägt vieles den selben Namen, was nichts miteinander zu tun hat. “Neuronen”, “neuronales Netz”, “Axiome”, “Vision”, “Sprache”.
Ob Sprache rein logisch verarbeitet werden kann wüsste ich gerne mal. Wie real sind Grammatik / Chomsky?
Ich weiß, dass “Computer Vision” nur bedeutet mathematische Formeln auf  Tabellen anzuwenden, die man sich wie folgt vorstellen kann:

Rot Grün Blau
Pixel 1: 100 50 0
Pixel 2: 100 52 3
.. .. ..
Pixel 2013049: 52 54 78

Klassische Bildinformationen.
Diese Werte maschinell zu verarbeiten ist nicht “Sehen” im herkömmlichen Sinne. Da findet eigentlich noch nicht einmal ein “Lesen” der Tabelle statt.
Da geht eben Strom an und aus, aber es ist zu kompliziert zu erklären, deswegen müssen diese Abstraktionen sein.
Dies sind also Synonyme, welche unerlässlich für Programmierer sind, um effektiv arbeiten zu können.
Für die breite Masse sind diese Synonyme ein Betrug. Computer funktionieren nicht wie wir.

Dabei lenken diese Synonyme unsere Aufmerksamkeit darauf, dass wir das nicht verstehen. Dabei ist es überhaupt nichts besonderes, dass niemand dies genau versteht. Das ist doch mit ganz vielem so.

Andrew Glassner hat auf der FMX einen Workshop gehalten, in dem er ebenfalls vor missverständlicher Terminologie warnte. Es nervte ihn richtig nicht darum herum zu kommen diese Worte verwenden zu müssen, als er innerhalb eines Tages fundiert erklärte, wie Deep Learning funktioniert.  Sehr empfehlenswert!

Unter’m Strich bleibt:
Dr. Frankenstein ist eher Gentechniker als Informations- oder Elektrotechniker.